Freitag

20. April 2026

Die großen Urheberrechtskriege 

 

Der Chronograph scheint defekt oder zumindest unpräzise. Wenn Nikola doch wenigstens während der Justierarbeiten vom Absinth lassen könnte...

Das ich das Jahr verfehle bin ich ja mittlerweile gewohnt, daß ich hier aber offensichtlich in einen Krieg geraten bin könnte noch ein Problem werden. Zwei radikale Organisationen namens "GEMA" und "GEZ" bekämpfen sich gegenseitig, immerhin scheint die Bevölkerung nicht involviert. Die meisten leben in völliger Armut und sämtliche Errungenschaften der Wissenschaften wie das elektrische Licht oder die Telegraphie scheinen nicht mehr zu existieren.

Dafür muß die Waffentechnik sehr fortschrittlich sein. Obwohl die Kampfhandlungen in vollem Gange sind hört man keinen Schuß. Der Krieg wird ausschließlich mit Waffen geführt, die "Abmahnung" und "Unterlassungsklage" heißen, völlig lautlos und imens kostspielig sein müssen. Zu sehen bekam ich diese nicht.

Nach Auskunft eines Widerstandskämpfers (die sich hier "Piraten" nennen) hat wohl die GEMA einer kleinen Randgruppenpartei den Wahlsieg finanziert, die im Gegenzug sämtliche Gesetzestexte privatisierte und unter die Verwaltung der GEMA stellte. Die Lizenzgebühren für Einsicht in Gesetze wurden bald auch für Richter unbezahlbar, worauf nurnoch nach "Dieses Recht ist in Deinem Land nicht verfügbar." geurteilt werden konnte. Nachfolgend wurden täglich neue Gebühren erlassen. Zuerst auf sämtliche Kommunikationsmittel, später auch auf das Sprechen von Wörtern, die schonmal verwendet wurden und somit geschützt sein könnten. Da dabei auch Ansprüche der oft als "Unantastbare" titulieten "GEZ" beschnitten wurden kam es zum offenen Krieg.

Gerne würde ich sofort wieder abreisen, man warnte mich aber davor in's Freie zu treten, da mich die Drohnen von "Google-Streetview" wegen unlizensierter Änderung Ihrer Bildinhalte augenblicklich arretieren würden.

So bleibt mir nichts als zu warten, bis die Kristalle der Zeitmaschine wieder aufgeladen sind um nach Hause zu reisen. Wegen des unzuverlässigen Chronographen bin ich nichtmal sicher meinen Tee pünktlich einzunehmen. Ich muß wirklich ein Wörtchen mit Nikola sprechen!

Donnerstag

28. Juni 2010

Herr Bunbury im Wunderland

Der Chronograph funktioniert jetzt und das Zieljahr wurde nicht verfehlt.

Nikola hatte schoneinmal angedeutet, daß es passieren könne in einer Paralleldimension, also einer reinen Phantasiewelt zu rematerialisieren und so scheint es jetzt wohl gekommen zu sein. Das es sich hier um keine echte Realität handeln konnte war schnell entlarvt, wenn man nur die Titelblätter überflog:

Die Photographie eines Regierungstreffens zeigte eine als Mann verkleidete Frau als deutsches Staatsoberhaupt und einen Schwarzen als amerikanischen Präsident. Laut Tageszeitung konnte man in Deutschland nicht nur Piraten in offizielle Ämter wählen, sondern man wollte England bei einem Fußballspiel 4:1 geschlagen haben. Ganz gleich wie weit die Phantasie reicht, wer im letzten Jahr das spielerische Talent der Deutschen in Oxford bei der 9:0 Niederlage bewundern durfte weiß, daß auch 100 Jahre Training niemals ausreichen um diese Defizite aufzuholen. Immerhin spielten die Herren nunmehr ohne Pickelhaube, womit sich das Kopfballspiel etwas verbessern dürfte.

Was besonders befremdet ist aber die Laszivität dieser Welt, die sich gebärt wie ein einziges, großes Bordell. Wenn man die "Bekleidung" der Damen wie der Herren betrachtet wundert es einen, daß nicht gleich in aller Öffentlichkeit verkehrt wird. Das die Damen hier nicht nur die Fesseln, sondern bisweilen gleich das Knie unbedeckt tragen scheint auch die Herren zu veranlassen auf korrekte Bekleidung zu verzichten und sich ganz dem Zwecke einer schnellen Entblößung zu unterwerfen.

Anders ist es nicht zu erklären, wieso Hosen ohne einen einzigen Knopf erfunden wurden, deren Risiko unerwünschter Einblicke abseits körperlicher Ertüchtigung unangemessen hoch erscheint. Ich sah Herren in kurzen Beinkleidern und Miedern in öffentlichen Caffeehäusern sitzen und Jugendliche Unterhosen auf dem Kopfe tragen.

Darauf hatte Nikola mich nicht vorbereitet. Immerhin gibt es hier allerorts präzise Chronographen, die es mir ermöglichen meinen Tee pünktlich einzunehmen. Gerne würde ich einen solchen mit mir nehmen um bei künftigen Reisen etwas unabhängiger von Nikolas Eskapaden zu sein. Allerdings halte ich mich lieber an seinen Ratschlag nichts aus diesen Welten mit zurück zu nehmen, da man nie weiß, wie sie beim Unterqueren ihres Herstellungsdatums reagieren.